Neuntklässler pflegen europäische Erinnerungskultur

Der Startschuss für die junge Tradition fiel vor ziemlich genau einem Jahr. Am 22. Februar 2018 engagierten sich die Schülerinnen und Schüler des neunten Jahrgangs zum ersten Mal, um in Wald das Gedenken an die Opfer staatlicher Gewalt in Zeiten der nationalsozialistischen Diktatur unter Adolf Hitler am Leben zu halten. Zusammen mit elf anderen weiterführenden Schulen in ganz Solingen war die FALS dem Ruf des „Unterstützerkreises Stolpersteine für Solingen“ gefolgt. Dieser kümmert sich seit 15 Jahren um die Instandhaltung der metallenen Pflastersteine, die in Solingen seit 2004 von dem Künstler Gunter Demnig vor den letzten Wohnorten der Opfer von Verfolgung und Unterdrückung in den Boden eingelassen werden. Ziel des Unterstützerkreises ist es dabei nicht bloß an die Opfer zu erinnern, ihnen Namen zu geben, sondern das Gedenken an die Opfer auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.
Bis heute hat der Künstler Gunter Demnig mehr als 70.000 der quadratischen Messingplatten in ganz Deutschland und 23 weiteren Ländern Europas verlegt. Jeder einzelne Stein bildet dabei einen Teil des Gesamtkunstwerkes. Zusammen mit den involvierten Menschen entsteht auf diese Weise eine soziale Skulptur – eine Vorstellung, die auf den Düsseldorfer Künstler und Professor Joseph Beuys zurückgeht.
Nachdem das Thema Nationalsozialismus im Rahmen des Fachs Gesellschaftslehre behandelt wurde, folgte am 22. Februar 2019 – dem 76. Gedenktag für die Widerstandsgruppe ¨Weiße Rose¨ um Hans und Sophie Scholl - der handlungsorientierte Teil des Geschichtsunterrichts. Die sechs Klassen des neunten Jahrgangs begaben sich an diesem Freitag auf den Weg zu den insgesamt zwölf im Stadtteil Wald verlegten Stolpersteinen. Neben der Reinigung der Stolpersteine hielten die Schülerinnen und Schüler vor Ort Referate über die Biographien und Schicksale der Opfer. An dieser Stelle gilt der Dank auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Solinger Stadtarchivs. Dank dessen hervorragend aufgestellten Internetseite fiel die Recherche zum Thema Stolpersteine in Solingen nicht schwer.
Ein besonderer Höhepunkt des Tages war die Begleitung einer Lerngruppe durch die Organisatorin des Unterstützerkreises Daniela Tobias. Als Angehörige des jüdischen Kaufmanns Albert Tobias, dessen Schicksal unter der nationalsozialistischen Herrschaft sie akribisch aufgearbeitet und auf einer eigenen Website publiziert hat, konnte sie nicht nur den anwesenden Schülerinnen und Schülern ein lebendiges Bild der Vergangenheit zeichnen. Auch für die anwesenden Lehrer wurde der 22. Februar zu einem denkwürdigen Tag. Ein vorsichtiger Blick in die Zukunft lässt erahnen, dass die FALS vor dem Hintergrund dieser jungen Tradition selbst Teil der neueren Geschichte wird – einer Geschichte über Verantwortung und Moral, die wir aus der deutschen Historie lernen können.
Wer sich für die Aktion oder die Stolpersteine in Solingen interessiert kann sich auf den folgenden Internetseiten umfassend informieren:
Stadtarchiv: https://www.solingen.de/de/inhalt/stolpersteine-in-solingen/
Internetseite des Unterstützerkreises: https://stolpersteine-solingen.de/
Internetseite zur Familie um Albert Tobias: https://tobiasherz.de/

Mirco Hönmann